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Hintergründe
zu Poppenbergs Filmproduktion
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Methoden der
Meinungsmanipulation im Kreationismus
Über ein Lehrstück kreationistischer Agitationskunst: den
Film "Gott würfelt nicht"
POPPENBERGs Replik zu BREIDBACHs Artikel - Ein Versuch der
Rechtfertigung
Nachdem der BREIDBACH-Artikel, über den wir im Abschnitt
"Hintergründe zu Poppenbergs Filmproduktion" berichtet haben,
in der Fachzeitschrift "Biologen heute" veröffentlicht wurde, hat POPPENBERG
eine kritische Gegenrede verfaßt und bei der Redaktion zur
Veröffentlichung eingereicht. Der Grundtenor der Rechtfertigung lautet
in etwa wie folgt: Er, der Filmemacher, sei das Opfer einer breit angelegten
Täuschungs- und Lügenkampagne, in welche u.a. Prof. BREIDBACH,
Prof. KUTSCHERA (der Sprecher des Arbeitskreises "Evolutionsbiologie" im
Verband deutscher Biologen) sowie die Redaktion von "Biologen heute" involviert
seien.
Insbesondere BREIDBACH habe "falsche Tatsachenbehauptungen" aufgestellt,
um ihn als Filmemacher coram publico zu diskreditieren. Entgegen der Behauptung
des Institutsdirektors vom Ernst-Haeckel-Haus habe er ihn sehr wohl darüber
in Kenntnis gesetzt, "(...) dass der beabsichtigte Film eine kritische
Auseinandersetzung mit Darwinismus und Neodarwinismus beinhaltet. Mir liegen
Aufzeichnungen vor, die dokumentieren, dass ich ihm mitteilte, dass der in
Rede stehende Film der Frage nachgeht, ob nicht doch ein bewusst angelegter
Bauplan hinter dem Leben steht." Der Vorwurf, das Interview sei erschlichen,
sei, so POPPENBERG, nicht zutreffend.
Auf den gegen ihn erhobenen Vorwurf, das Ernst-Haeckel-Haus hätte die
Interviewpassagen nicht abschließend autorisiert, entgegnet POPPENBERG,
die Übereinkunft habe nur zwischen ihm und einem Mitarbeiter des
Institutsleiters, Herrn Dr. HOSSFELD bestanden. Und: "Da die Interviewpassage
mit Herrn Hoßfeld aber der Schere zum Opfer fiel, hatte ich auch nichts,
was ich ihm zur Autorisierung hätte vorlegen können." Den
Kritikpunkt, die Nachfrage zum Stand des Films sei negativ beschieden worden,
entlarvt POPPENBERG schließlich als Lüge: "Eine solche Nachfrage
gab es nicht. Hingegen gab es aber einen Anruf von mir (...), in dessen Verlauf
ich mitteilte, dass MDR und WDR sich nicht wie erwartet an der Finanzierung
des Films beteiligen würden, es also in absehbarer Zeit keine
TV-Ausstrahlung geben würde, was genau den Tatsachen entsprach (...)"
Schließlich, so rechtfertigt sich der Beschuldigte weiter, seien
nach Fertigstellung des Films Kopien "(...) an alle im Film erscheinenden
Interviewpartner gegangen, so auch an Herrn Breidbach. Sollte einzig diese
Videokassette nicht angekommen sein, so ist das gerade in Anbetracht der
jetzigen Reaktion Herrn Breidbachs sehr bedauerlich."
Auch der Redaktion von "Biologen heute" werden, wie oben angedeutet,
Falschbehauptungen über sein Verhalten auf dem "Symposium
Evolutionsbiologie" und im Rundumschlag eine boulevareske Berichterstattung
unterstellt. POPPENBERG:
"Es trifft zu, dass mich Herr Lönnig auf das Symposium aufmerksam
gemacht hat, 'hingeschickt' wurde ich jedoch nicht. Alle anderen Vorwürfe
in ihrem Artikel sind schlicht erfunden worden. Sie versuchen, ihre Leserschaft
zu täuschen, indem Sie verschweigen, dass ich mich als
Wissenschaftsjournalist vor dem Kutschera-Vortrag bei dem Veranstalter offiziell
anmeldete (...) Während des öffentlichen Vortrags ließ ich
ganz offen und für jedermann sichtbar mein Diktaphon mitlaufen (...)
bekanntlich ein Verfahren, das täglich von Tausenden von Journalisten
angewendet wird. Dass mein kleines, harmlos eingesetztes Diktaphon durch
Ihre Zeitschrift zu einer böswillig geführten Filmkamera wird,
erinnert an unseriösen Boulevardjournalismus (...) Es kann also keine
Rede von irgendeiner Heimlichtuerein meinerseits sein. Schließlich
wurde ich auch keineswegs des Saales verwiesen, wie Sie schreiben, sondern
verließ nach dem Ende des Kutschera-Vortrags aus freien Stücken
den Saal. Übrigens verrate ich Ihnen gerne den ganz undramatischen Grund
für meinen Aufbruch: Ich hatte meinem elfjährigen Sohn versprochen,
einen Pflaumenkuchen zu backen."
Die Frage, wer hier an welcher Stelle Unwahrheiten verbreitet hat, kann als
Außenstehender nicht weiter verfolgt werden. Tatsache bleibt jedoch,
daß nach wie vor einige Merkwürdigkeiten und offene Fragen im
Raume stehen, zu deren Klärung POPPENBERG meines Erachtens nichts
beigetragen hat. Zunächst: Ob BREIDBACH über POPPENBERGs Motive
im Bilde war oder nicht, ist zunächst zweitrangig. Kritisiert wurde
der Umstand, daß die Interviewpassagen derart in Kontexte eingebaut
worden sind, daß sie den Eindruck vermitteln, als erführen POPPENBERGs
Thesen durch das Ernst-Haeckel-Haus eine wissenschaftliche Stütze.
Kritisiert wurde ferner, daß dies ohne Wissen und Einsichtnahme aller
Beteiligten geschah. Letzteres ist nun eine selbst von POPPENBERG unbestrittene
Tatsache, und dessen Erklärung wirkt umso fragwürdiger, je mehr
man sich damit auseinandersetzt.
Es ist doch merkwürdig: Justament das HOSSFELD-Interview "fiel der
Schere zum Opfer", welches einer ausdrücklichen Autorisierung bedurft
hätte. Warum, so erhebt sich die brisante Frage, hatte er - was dem
guten journalistischen Ton entsprochen hätte - nicht auch BREIDBACHs
Einverständnis eingeholt? Ein Produzent sichert sich, so sollte man
meinen, im eigenen Interesse rechtlich eher doppelt ab, es sei denn, er hat
gute Gründe, dies nicht zu tun. Ins Bild paßt auch die Tatsache,
daß POPPENBERG dem Ernst-Haeckel-Haus verschwiegen hatte, daß
der Film in jedem Fall (und unabhängig von der Frage, ob eine
TV-Ausstrahlung zustandekommt) produziert werden sollte. Die Ausflucht,
POPPENBERG sei sich nicht im Klaren darüber gewesen, daß BREIDBACH
die Produktion infolge der abgelehnten TV-Ausstrahlung für ausgesetzt
hielt, ist schlicht unglaubhaft. Das ganze Verhalten des Regisseurs ist doch
unverkennbar von dem merkwürdigen Desinteresse durchtränkt,
seine Interview-Partner über alle Fakten in Kenntnis zu setzen. (Zu
der von BREIDBACH erhobenen Anschuldigung des Zitatenmißbrauchs hat
sich POPPENBERG im übrigen überhaupt nicht
geäußert.)
Wie es um die Redlichkeit des Filmemachers bestellt ist, erahnt man
auch, wenn man dessen verbale Entgleisungen zur Kenntnis zu nehmen hat.
POPPENBERG wird im Zuge seiner Invektive derart ausfallend und persönlich
beleidigend, daß man sich ernsthaft fragen muß, inwieweit das
alles noch etwas mit seriösem Wissenschaftsjournalismus zu tun hat.
POPPENBERG: "Es erhebt sich die Frage, ob Herr Breidbach
als Leiter des Haeckel-Hauses im Umgang mit Journalisten überhaupt
geschäftsfähig ist (...) Sollte Herr Breidbach eine entgegengesetzte
Haltung vertreten, sollte meiner Meinung nach das aufsichtsführende
Gremium des Hauses davon in Kenntnis gesetzt und die Frage geprüft werden,
ob Herr Breidbach die geeigneten Voraussetzungen für die Leitung des
Hauses mitbringt." POPPENBERG hat ferner angekündigt,
jeder Videokassette eine Passage aus BREIDBACHs Artikel beizufügen (den
Wortlaut erspare ich mir an dieser Stelle). Es fällt auf, daß
auch dieser Ausschnitt aus dem Gesamtzusammenhang gerissen wurde, weil er
zwar die Kritik des Institutsleiters zitiert, dessen Begründung aber
verschweigt und den Eindruck vermittelt, als sei BREIDBACHs Angriff der
Unfähigkeit entsprungen, den Film in der Sache zu kritisieren.
Die Reihe der Merkwürdigkeiten und unerklärten Fragen setzt sich
fort: Wenn der Filmeproduzent kurz nach Fertigstellung des Films ein Video
an BREIDBACH geschickt hatte, warum kochen dann die Emotionen erst nach zwei
Jahren über? Warum "sollte einzig diese Videokassette nicht angekommen
sein", die jetzt für einen derartigen Wirbel sorgt? Scheint es wirklich
plausibel, daß ausgerechnet das für das Ernst-Haeckel-Haus bestimmte
Filmdokument während des Transports verloren ging? Welches Interesse
könnte eine Wissenschaftsorganisation haben, ihr Renommee aufs Spiel
zu setzen - um einen Antievolutionisten mit Lügen und Unwahrheiten zu
überziehen? Warum desweiteren all die Aufregung über POPPENBERGs
Diktaphon (oder Filmkamera), wenn er vor dem Besuch des Symposiums explizit
um Aufnahmeerlaubnis gebeten hatte? Oder darf man annehmen, daß der
professionell arbeitende Produzent schlichtweg nicht wußte, daß
alle Dokumente in Wort und Bild einer vorherigen Autorisierung durch die
Beteiligten bedürfen?
Ich denke, angesichts der hier in Rede stehenden Ungereimtheiten und
Unwahrscheinlichkeiten sollten gerade diejenigen, die POPPENBERGs Methodologie
für bare Münze nehmen, auch hier "der Frage nachgehen, ob
nicht doch ein bewusst angelegter Plan dahinter steht."
Last
update: 18.01.03
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© by Martin Neukamm